Gespräche
mit Gott über das Sein :
Eines schönen
Tages ging ich gegen Abend im Wald spazieren, als ich auf einmal ein
kleines Männchen am Rand des Weges sah.
"Klasse", dachte
ich mir,
"Ein Gnom. Ich wollte schon immer mal einen Gnom treffen.
Hoffentlich läuft er nicht weg".
Vorsichtig näherte
ich mich ihm, darauf bedacht, ihn nicht zu erschrecken, doch er machte
keinerlei Anstalten, wegzurennen.
Stattdessen sah
er mich mit großen freundlichen Augen unverwandt an.
"Hallo" sagte
ich "Wer bist denn du?"
"Ich bin Gott"
lautete die etwas unerwartete Antwort.
"Äh..."
ich war ein wenig verwirrt
"DER Gott ??? Oder bloß ein Gott ?"
"DER Gott !
Du scheinst es ja nicht ganz zu glauben. Wieso eigentlich ?"
"Nun ja"
ich konnte mir
ein Grinsen nicht verkneifen
"Ich dachte, du
wärst größer".
Er seufzte.
"Bitte, wenn du Größe willst, das kannst du haben !"
Schlagartig wuchs er empor, zur Größe eines Riesen, 6 Meter hoch,
mit vier Armen und zwei Köpfen. Seine enorme Stimme schallte durch
den Wald, dass mir die Ohren klingelten.
"BESSER SO
???"
"Öhmm... nun ja...
nicht wirklich..."
"DACHTE ICHS
MIR DOCH !!!"
Er wurde wieder kleiner, zu dem freundlichen Gnom, und grinste mich
vergnügt an.
"Komm, setz
dich erst mal, ich will dir was erzählen".
Ich schaute mich
irritiert um, denn ich hatte keine Lust, mich in den feuchten Dreck
zu setzen.
Wieder seufzte er, schnippte mit den Fingern und auf einmal stand
dort eine Bank auf dem Waldweg, eine ziemlich harte und unbequeme,
wie mir schien.
Er musste meine Gedanken gelesen haben, denn er lachte und auf einmal
stand dort statt der Bank ein gemütliches, weiches Sofa.
Während ich mich ins Polster kuschelte drohte er mir ein kleines bisschen
mit dem Finger.
"Na, du bist
mir ja ein ganz Verwöhnter !?"
Dann hopste auch er auf das Sofa und machte es sich an meiner Seite
gemütlich.
"So !"
Er schaute mich an.
"Du hast doch eine Frage an mich, nicht wahr ?"
In der Tat war
da diese Frage, die mir schon lange im Kopf rumging, die vielen Leuten
im Kopf rumgeht, die Frage, die den Kern jeder Weltanschauung, jeder
Philosophie und jeder Religion ausmacht und die vielleicht sogar der
Kern einer jeden Form von Zivilisation ist.
Ich räusperte
mich und fragte mit einem feierlichen, gewichtigen Ton in der Stimme
"Was ist der
Sinn des Lebens?",
wobei ich mir
ziemlich klug und tiefsinnig vorkam.
Gespannt schaute ich Gott an und wartete auf die Antwort.
Doch Gott zuckte nur mit den Schultern
"Was fragst
du mich ? Ich kann dir da nicht weiterhelfen."
Das fand ich ja
nun gar nicht toll.
"Aber, du bist
doch Gott."
nörgelte ich rum
"Du musst doch
wissen was der Sinn des Lebens ist. Warum willst du's mir nicht sagen?"
"Na gut !"
Er seufzte.
"Wenn du unbedingt
eine Antwort willst, bitte schön !
Der Sinn des Lebens besteht darin, jeden Tag acht Stunden einer stumpfsinnigen
Arbeit nachzugehen, abends fernzusehen und möglichst viele Kinder
in die Welt zu setzen, damit die später das gleiche machen können."
Vollkommen entgeistert
starrte ich ihn an.
"Was?...Das kann
ja wohl nicht sein... Wirklich?"
Er lachte
"Nein, natürlich
nicht, Schlaumeier !
Die Antwort soll nur demonstrieren, dass es dir überhaupt nichts bringt,
wenn ich dir sage, dieses oder jenes wäre der Sinn des Lebens, du
aber dieses oder halt auch jenes überhaupt nicht als sinnvoll empfindest.
Du erwartest irgendeine Antwort, bei der es bei dir klick macht, du
dir mit der Hand an den Kopf schlägst und denkst 'natürlich, das isses,
warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen.
So eine Antwort gibt es aber nicht !
Denn Sinn ist nicht vermittelbar !
Entweder man empfindet etwas als sinnvoll oder eben nicht.
Verstehst du das ?"
Ich dachte eine
Weile nach.
"Ja, ich glaube
schon. Du meinst, dass Sinn ein Gefühl ist, oder so was ähnliches,
nicht wahr ?
Auf jeden Fall etwas, das man empfindet und das sich nicht an äußeren
Kriterien festmachen lässt, richtig ? Und genauso nutzlos wie es ist,
einem Menschen zu sagen, dass ein anderer liebens- oder hassenswert
ist, wenn der Mensch nicht das gleiche empfindet, ist es, ihm zu sagen,
etwas sei sinnvoll. So in etwa ?"
Er nickte.
"Aber" kam ich
ins grübeln "das bedeutet dann doch, das Sinn grundsätzlich relativ
ist.
Dass jedes Leben nur genau den Sinn hat, den der Lebende darin sieht."
"Du hörst dich
ja nicht sehr begeistert an. Stört dich etwas daran ?"
"Ja, sicher. Ich
dachte, es gibt einen Sinn für alle, etwas das jeder als sinnvoll
anerkennt, halt einen absoluten Sinn.
Denn ohne absoluten Sinn ist das Leben doch eigentlich sinnlos, wenn
es nur ein Durcheinander verschiedener Auffassungen gibt.
Dann ist doch alles, was ich mache, gleichermaßen lächerlich und belanglos."
Gott schaute mich
ernst an und meinte
"Da hast du
vollkommen recht ! Aber es gibt den absoluten Sinn !"
Da war ich erst
mal verwirrt.
"Wie jetzt ?
Ich denke, Sinn ist subjektiv und damit relativ.
Wie kann er gleichzeitig relativ und absolut sein ?
Das geht doch gar nicht."
"Doch, das
geht !
Nämlich dann, wenn es ein absolutes Ziel gibt, einen Bewusstseinszustand,
den jeder einmal erreicht, den er nie wieder verlässt und in dem er
seine eigene Existenz und die von allen anderen Dingen als sinnvoll
empfindet.
Dadurch, dass sämtliche Subjekte irgendwann und dann für immer das
gleiche Sinnempfinden haben, wird dieser Sinn zum absoluten Sinn.
Das war jetzt ein bisschen kompliziert.
Konntest du das verstehen ?"
"Hmmm...hmm...hmmmmm...na
ja... so ungefähr vielleicht.
Aber gibt es denn diesen Zustand überhaupt?"
Er grinste.
"Na, was glaubst
du denn, in welchem Zustand ich mich befinde ?"
"Na toll !"
Frustriert sah ich mich in der Gegend um.
"Ich muss also nur wie Gott werden, damit der ganze Mist hier Sinn
macht.
Das ist ja wohl ein bisschen viel verlangt."
"Na, na, du
musst nicht genauso werden wie ich.
Das würde auch in der Tat nicht gehen, da du ja immer nur ein Teil
von mir bist.
Doch du kannst den gleichen Geisteszustand erreichen, in dem ich mich
befinde.
Du kannst im kleinen werden, was ich im großen bin, und damit die
Welt mit meinen Augen sehen.
Und das schafft jeder !
Wie ich schon sagte, es handelt sich beim Erreichen dieses Zustandes
um ein absolutes Ziel, das jede Seele erreicht, auch DU !
Denn gäbe es nur eine Seele die es nicht erreicht, so wäre das Ziel
nicht mehr absolut.
Natürlich braucht man dafür ein kleines bisschen länger als die paar
Jahre eines mickrigen Menschenlebens."
Oha.
Jetzt kam auch noch dieser Blödsinn mit Seele und Reinkarnation ins
Spiel.
Ich dachte, Gott hätte mehr Klasse als auf diesen ausgelutschten Klischees
rumzureiten.
Doch bevor ich meinen Unmut darüber äußern wollte, hatte ich noch
andere Fragen.
"Also gut, dann
erreiche ich halt irgendwann mal einen Zustand in dem die Welt Sinn
macht.
Aber was ist das jetzt eigentlich für ein Zustand?"
"Ein bewusster
!
Und zwar bist du dann nicht nur ein bisschen bewusst, wie jetzt, sondern
absolut bewusst.
Du bist dir dann der Existenz vollständig bewusst ohne von ihr abhängig
oder beeinflussbar zu sein.
Du stehst gleichzeitig innerhalb und außerhalb der Welt.
Du durchschaust sämtliche Zusammenhänge, kannst die Welt von allen
beliebigen Blickwinkeln wahrnehmen.
Alles, was so in der Welt vor sich geht, fängt dann eben an 'Sinn
zu machen'.
Man könnte sagen, dass du dann zufrieden in dir selbst und im absoluten
Bewusstsein ruhst.
Na ja, zumindest so ähnlich.
Das ist jetzt wirklich eine sehr schlechte und oberflächliche Erklärung,
die die wahren Verhältnisse nicht besonders gut trifft.
Sie soll dir nur einen flüchtigen Eindruck vermitteln.
Wie es wirklich ist kannst du gegenwärtig noch gar nicht begreifen."
"Na ja, hört sich
aber ja schon ganz nett an.
Allerdings bin ich mit dieser Sinngeschichte noch nicht ganz zufrieden.
Als ich nach dem Sinn des Lebens fragte, dachte ich eigentlich mehr
an die Erfüllung einer Aufgabe oder so was.
Ich wollte wissen, warum wir da sind, aus welchem Grund, was der Zweck
der ganzen Sache ist.
Kannst du mir das denn sagen ?"
"Ach ja -"
meinte er
"die Zweckgeschichte
! "
Er schüttelte
langsam mit dem Kopf.
"Bevor ich
darauf was sage, beantworte du mir doch mal eine Frage :
Was ist mein Zweck ? Warum bin ich da, was ist meine Aufgabe ?
Was meinst du ?"
Also DAS war ja
nun wirklich einfach.
"Na ja, du bist
schließlich Gott."
sagte ich.
"Du hast die
Welt erschaffen und sorgst dafür, dass der ganze Laden hier vernünftig
läuft.
Das ist doch eine sehr wichtige Aufgabe."
"Aha !
So ist das also !
Und wer hat mir die Aufgabe gegeben, wenn ich fragen darf ?"
"Äähm...naja...
weiß nicht...
Okay, niemand hat dir diese Aufgabe gegeben.
Aber trotzdem erfüllst du einen Zweck, als Schöpfer."
"Ah ja !
Und wozu soll das gut sein, dieses ganze Schöpferei ?
Wäre es nicht viel besser, wenn es gar nichts geben würde, anstatt
etwas?
Warum gibt es mich ?
Wer hat mich erschaffen ?
Und wozu ?"
Nun
ja, vielleicht war das doch nicht so einfach.
"Ja, also... weiß ich nicht."
Er zwinkerte mir
gutmütig zu.
"Ich weiß
!
Deshalb erkläre ich's dir jetzt auch.
Also, es ist doch offensichtlich so, dass es etwas gibt, nicht wahr
?
Und die Gesamtheit aller Existenz bin ich.
Deswegen kann man auch nicht wirklich sagen, dass ich die Welt erschaffen
habe, denn ich bin ja gleichzeitig diese Welt.
Natürlich gibt es innerhalb der Gesamtheit immer wieder Neuschöpfungen
und Zerstörungen, doch an der Summe allen Seins ändert sich nichts.
Die ist nämlich unendlich und somit von deinem Geist noch nicht zu
erfassen.
Nun gut, warum gibt es mich also, was ist der Grund?
Es ist doch ganz einfach : Dafür gibt es keinen Grund, zumindest keinen
in deinem Sinne, keinen den du erfassen könntest.
So einen Grund kann es nach deiner Logik auch gar nicht geben, denn
diese fordert, dass der Grund außerhalb von mir liegt.
Doch außerhalb von mir gibt es nichts !
Nicht mal das Nichts selbst, denn auch das Nichts ist Teil von mir
!
Sagen wir einfach, dass ich nun mal da bin, ewig, zeitlos und grundlos.
Wohlgemerkt, dass bedeutetet nicht 'sinnlos', denn ich selbst finde
meine Existent außerordentlich sinnvoll. Und wenn du da im Moment
noch anderer Meinung bist, ist das deine Sache.
Nun denn, da alles, was existiert, Teil von mir ist und meine Existenz
grundlos und zweckungebunden ist, ist auch die Existenz von jedem
Ding, von jeder Seele grundlos und zwecklos.
Niemand muss eine Aufgabe erfüllen !
Nichts existiert für irgendetwas !
Natürlich kann man manche Sachen für sich nutzen.
Zum Beispiel nutzt du Pflanzen und Tiere, um deinen Körper zu erhalten.
Das bedeutet aber nicht, dass diese Lebewesen dafür da sind.
Genau so wenig ist dein Körper dazu da, einer Armee von Kleinstlebewesen
ein gemütliches Zu Hause zu geben, obwohl sie ihn so für sich nutzen.
Es ist ganz einfach so, dass die Dinge für sich selbst existieren
!
Genau wie ich !
Ist doch eigentlich ganz einfach, oder ?"
"Na ja, also so
gesehen, eigentlich schon."
Dann schwieg
ich eine Weile und dachte darüber nach, was er mir gerade gesagt hatte.
Auf einmal meinte ich, einen Schwachpunkt erkannt zu haben.
"Ha ! Du hast
doch gesagt, jede Seele erreicht das absolute Ziel, also sind wir
doch für etwas da.
Und unsere Aufgabe ist es, das Ziel zu erreichen.
Darauf müssen wir hinarbeiten !"
Triumphierend
schaute ich ihn an und war ganz stolz auf meine Cleverness.
Und er schaute mich an.
Und fing an zu lachen.
"Wirklich,
das ist gut !!!
Also ihr Menschen kriegt auch wirklich alles in den falschen Hals
!!!"
Er kicherte noch
ein wenig vor sich hin, wobei er leise meine Worte wiederholte, was
zu einem erneuten Lachanfall führte.
Ich fand das
natürlich nicht so witzig !
Und außerordentlich unhöflich !!!
"Ja und ???
Was ist daran so lustig ???"
fragte ich etwas
ungehalten.
Gott schaute mich
vergnügt an, dann bequemte er sich, mich aufzuklären.
"Also, denk
noch mal nach !
Du verdrehst einfach alles !
Natürlich bist du nicht hier, um das Ziel zu erreichen !
Wozu sollte das auch gut sein ?
Es ist andersherum !
Weil du da bist, wirst du das Ziel erreichen.
Es ist der zwangsläufige Endpunkt deiner Seelenentwicklung.
Ist das denn so schwer zu begreifen ?"
Ich dachte ein
bisschen darüber nach.
Langsam fing ich an, zu verstehen.
"Ach, so ist das.
Aber..."
ich kam wieder
ins Grübeln ...
"Muss ich nicht irgendwas bestimmtes machen, um das Ziel zu erreichen
?
Das kann einem doch nicht einfach so zufliegen."
"Tut es auch
nicht !"
"Und, was muss
ich nun dafür machen?"
"Na was machst
du denn gerade ?"
"Ich rede mit
dir."
"Und sonst
?"
Ich zuckte die
Schultern.
"Nichts"
"Also, das
ist aber eine gehörige Untertreibung.
Du bist doch die ganze Zeit beschäftigt, nämlich mit Leben.
Und das ist gar nicht mal so leicht.
Allein dadurch, dass du lebst, also deinen Körper erhältst und ständig
irgendwelche Reize wahrnimmst, verarbeitest und interpretierst, sammelst
du Erfahrungen und erweiterst dein Bewusstsein.
Und diese Tätigkeiten führen dazu, dass du irgendwann das absolute
Bewusstsein erlangst."
"Hmm, aber gibt
es nicht bestimmte Tätigkeiten, die das Bewusstsein steigern ?
Meditation zum Beispiel ?"
"Klar, gibt's
die !
Aber du musst diese Tätigkeiten auch ausüben wollen.
Und der Wille dazu fällt ja nicht vom Himmel.
Wer beschließt, sich von äußeren Dingen abzuwenden und sich stattdessen
auf das Selbst konzentriert, der tut das deswegen, weil er die Erfahrung
gemacht hat, das er das, was er sucht, nicht in äußeren Dingen finden
kann.
So suchen zum Beispiel alle Menschen das Glück.
Doch sie machen es von äußeren Dingen abhängig, und da diese Dinge
vergänglich sind, verlieren sie es wieder.
Wer dagegen sein Glück nur in sich selbst findet, im eigenen Dasein,
der kann es auf ewig behalten, denn das Selbst ist ewig.
Gefestigtes Selbst-Bewusstsein ist eine Voraussetzung für das endgültige
All-Bewusstsein, denn wer sich aller Dinge bewusst ist, ohne im Selbst
gefestigt zu sein, der verliert sich in den Dingen.
Man sollte das Selbst auch nicht mit dem Ego verwechseln, denn das
Ego ist nach außen gerichtet, es ist eine Rolle, die man in der Welt
spielt, so eine Art Image.
Und viele, die von Selbstverwirklichung sprechen, die begehen in Wirklichkeit
Egoverwirklichung, sie definieren sich über ihre Rolle in der Welt.
Aber die hat wenig mit dem Selbst zu tun.
Wer im Selbst gefestigt ist, den berühren die Dinge der Welt nicht
mehr.
Wer sich von der Welt abwendet, wer aufhört Ziele innerhalb der Welt
zu verfolgen, der tut das, weil er die Welt sozusagen satt hat.
Und wer die Welt noch nicht satt hat, der wird sich nicht von ihr
abwenden.
Es ist also so, dass die Beschaffenheit der Seele die Handlungen formt
und die Handlungen führen wiederum zu Erfahrungen, welche die Seele
formen.
Es bringt also wenig, darüber nachzugrübeln, was man tun soll, um
das Ziel zu erreichen, denn diese Handlungen stellen sich irgendwann
von selbst ein.
Genauso, wie das Grübeln darüber sich von selbst eingestellt hat.
Es ist schlicht und einfach so, dass man NICHTS falsch machen kann.
Alles, was man tut, bringt einem dem Ziel näher, selbst wenn die Handlung
scheinbar den genau gegenteiligen Effekt hat."
Da hatte ich erst
mal was zum nachdenken.
Doch bei mir machte sich langsam begriffliche Verwirrung breit.
"Du redest vom
Bewusstsein, vom Selbst, der Seele, vom Willen.
Was sind denn da jetzt eigentlich die Unterschiede zwischen den Begriffen
?"
"Nun, im Prinzip
ist das alles das gleiche.
Aber je nach Zusammenhang eignen sich einige Begriffe besser als andere,
um bestimme Dinge zu begreifen."
"Aha !
Nun ja, Begriffe sind halt Schall und Rauch.
Aber ich habe da noch was zu meckern, denn du sagst, dass sich die
Seelen entwickeln, bis sie das absolute Bewusstsein erreichen.
Was soll das?
Warum hast du die Seele nicht gleich so erschaffen, dass sie im absoluten
Bewusstsein ruht ?"
"Die Antwort
ist einfach !
Ich habe die Seele gar nicht erschaffen !"
"Wie jetzt ???
Ich denke die Seelen kommen von Gott ?"
"Tun sie ja
auch !
Aber etwas anders, als du dir das vorstellst.
Ich bin das absolute Wesen, das absolute Bewusstsein.
Ich bin gleichzeitig Persönlichkeit und Energie.
Diese Energie ist kreative Bewusstseinsenergie, die sich selbst aber
nicht bewusst ist.
Es ist ein natürlicher Impuls dieser Energie, ein Selbst zu entwickeln.
Dabei spaltet sich ein Teil dieser Energie vom Rest ab, natürlich
nicht wirklich, sondern nur in seiner Wahrnehmung.
Das erreicht er dadurch, dass er inkarniert, also zu Fleisch wird,
zu Materie.
Erst in dieser Isolation vom Ganzen ist es möglich ein Selbst zu entwickeln,
da sich das ungefestigte Selbst sonst sofort wieder im Ganzen verlieren
würde.
Metaphorisch könnte man sagen, dass die materielle Hülle das Selbst
vor den Stürmen der spirituellen Welt schützt, die es ohne diesen
Schutz verwehen würde.
Nun fängt die Seele natürlich nicht als Mensch an, sondern ganz unten.
Als Einzeller zum Beispiel.
Solche primitiven Lebewesen haben nur eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung
von der Welt, ein sehr eingeschränktes Bewusstsein.
Ihre ungefestigte Seele könnte noch nicht mehr Information verarbeiten
oder einen komplizierteren Körper verwalten.
Doch mit der Zeit lernt die Seele.
Später kann sie in komplizierteren Körpern inkarnieren und mehr Wahrnehmungen
verarbeiten.
Ihr Bewusstsein erweitert sich mit der Zeit und verfestigt sich.
Sie ist sich aber in ihrer tierischen Form immer noch nicht selbst
bewusst, höchstens nur sporadisch und in sehr eingeschränktem Maßstab.
Eine Seele, die anfängt, ein stetiges Bewusstsein von sich selbst
zu entwickeln, inkarniert als Mensch. Unter anderem.
Natürlich
gibt es noch andere vergleichbare Lebensformen.
Nun hat der Mensch das Problem, ein Selbstbewusstsein zu besitzen,
ohne zu wissen, was das Selbst ist. Er sucht es in allen möglichen
Dingen, zum Beispiel im Körper, wo er es aber nicht findet.
Das Dasein als Mensch ist ein ständiges Suchen, nach dem Sinn und
dem Selbst.
Doch der Mensch kann die Antworten nicht finden, dafür ist er zu primitiv.
Wenn die Seele einen gewissen Reifegrad erlangt hat, geht die Suche
weiter, in anderen Inkarnationen, die höherentwickelt sind als der
Mensch.
Und so geht es immer weiter, bis die Seele so gefestigt ist, dass
sie ins absolute Bewusstsein eingehen kann.
Dann verlässt sie endgültig die materielle Welt, wird wieder Teil
der spirituellen, nur ist sie jetzt ein bewusster Teil.
Sie ist dann so gefestigt, dass sie ohne materielle Hülle ihr Selbst
erhalten kann.
Natürlich ist die Seele auch während der ganzen Entwicklung Teil der
spirituellen Welt, aber ihre Wahrnehmungen sind auf das Materielle
gerichtet.
Sie identifiziert dich damit, ist sozusagen darin verwoben.
Und je ungefestigter die Seele ist, desto stärker ist sie in die Materie
verwoben."
"Das bedeutet
also, dass ich mich in gewisser Weise selbst erschaffe ?"
"Na, so ungefähr
!
Zum Einen schaffst du dich selbst durch deine Handlungen, zum Anderen
wirst
du geformt durch deine Erfahrungen und dein Umfeld."
"Hast du denn
auch so eine Entwicklung hinter dir ?"
"Nun, da ich
die Summe alles Seins bin, bin ich natürlich bei jeder Entwicklung
dabei, jede ist mir voll bewusst, auch deine.
Aber im Gegensatz zu dir berühren mich deine Erfahrungen nicht.
Was du als Freude oder Leid wahrnimmst, dem stehe ich vollkommen neutral
gegenüber,
denn ich kann jede beliebige Erfahrung auf jede beliebige Art wahrnehmen.
Wenn du leidest, dann nur deswegen, weil deine ungefestigte Seele
sich in einen Zustand des Leids versetzen lässt.
Das gilt auch für körperliche Schmerzen, denn die gibt es gar nicht.
Alles Leiden ist seelischer Natur.
Der Körper ist dabei nur so eine Art Stimulator.
Wenn du Schmerzen empfindet, dann nur deswegen, weil deine Seele über
den Körper entsprechend stimuliert wird.
Und das passiert, weil deine Seele ungefestigt ist und sich mit dem
Körper identifiziert.
Eine gefestigte Seele kann auf so eine Art nicht mehr in verschiedene
Zustände versetzt werden, auch nicht in angenehme."
"Stehst du denn
allen Dingen neutral gegenüber?"
"Ja !!!"
"Hmmm. Ich dachte,
Gott würde Regeln aufstellen, an die sich die Menschen halten müssen.
Und jeder wird geprüft, wobei die Guten belohnt und die Bösen bestraft
werden."
Gott seufzte tief.
"Ach ja, dieser
Unfug wir immer wieder erzählt.
Aber denk doch mal nach !
Wozu soll ich Regeln aufstellen, wenn ich genau weiß, dass diese je
nach Entwicklungsstand der Lebewesen sowieso nicht eingehalten werden
?
Wofür soll ich jemanden bestrafen, wo doch jede Handlung nur ein Aspekt
meines eigenen Daseins ist ? Warum sollte ich jemanden prüfen, wo
ich doch sowieso ganz genau weiß, wie es in jeder Seele aussieht ?
Und schließlich : Wenn du das bisherige verstanden hast, wirst du
leicht verstehen, dass es so etwas wie gut und böse gar nicht gibt
!!!
Das sind bloß Interpretationen, die dadurch zustande kommen, dass
man sich nur auf Teilaspekte konzentriert und das Ganze vernachlässigt.
Ich aber bin das Ganze !
Daher bin ich gleichzeitig gut und böse und keins von beidem.
Ethik ist eine Sache der Menschen und anderer relativer Lebewesen.
Sie stellen auf der Grundlage ihres eigenen Empfindens ethische Systeme
auf.
Diese Ethik ist durch nichts gerechtfertigt als dadurch, dass sie
von der Mehrheit anerkannt wird.
Und so wie sich die Glaubensvorstellungen abwechseln, wechseln sich
die ethischen Systeme ab.
Meine Ethik, die Ethik des Absoluten besteht darin, dass man keine
mehr nötig hat."
"Das heißt also,
es gibt tatsächlich keine höhere Instanz, die meine Taten bewertet
?"
"Doch die gibt
es !!!
Und zwar dich selbst !!!
Wenn du etwas tust, was deinem eigenen ethischen Empfinden widerspricht,
dann bestrafst du dich selbst, indem du dich in einen Zustand des
Leidens versetzt, zum Beispiel in Form eines schlechten Gewissens.
Und wenn du jetzt Dinge tust, die du auf einem späteren Entwicklungsstand
als unethisch empfindest, so wirst du dich dann in einen Zustand des
Leidens versetzen, auch wenn du dann nicht mehr weißt, wieso."
"Und wie ist
das mit dem Karma ?
Wenn ich jetzt jemandem etwas böses tue, muss mir dann nicht das gleiche
widerfahren ?
Wegen ausgleichender Gerechtigkeit und so ?"
"Diese Idee
beruht doch offensichtlich nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf Rache
!
Wer dir was tut, von dem willst du, dass er es selber knüppeldick
abkriegt !
Dabei wird natürlich übersehen, dass unglaublich viele Dinge zu einer
Tat führen, die der Täter selbst nicht beeinflussen kann.
Du darfst auch nicht vergessen, dass der Wille nicht wirklich frei
ist, sondern durch die Erfahrungen geformt wird.
Wer etwas tut das du als böse wertest, weil es zum Beispiel bei dir
Leiden auslöst, der weiß es halt nicht besser.
Und wenn er es besser weiß und es trotzdem tut, dann war der Teil,
der es besser weiß eben nicht stark genug gegenüber dem Anderen.
Daher gibt es auch keine Schuld !!!
Und wenn es keine Schuld gibt, dann kann Strafe auch nicht gerecht
sein !
Die ausgleichende Gerechtigkeit gibt es aber trotzdem, nämlich in
der Form, dass jeder letztlich das Ziel erreicht.
Natürlich liegt es in deiner Natur, es einem 'bösen Menschen' ordentlich
heimzahlen zu wollen.
Und das ist durchaus verständlich.
Das weißt du eben nicht besser."
"Wenn das so ist,
wodurch wird dann bestimmt unter welchen Umständen eine Seele inkarniert
?"
"In erster
Linie richtet sich das nach so etwas wie Resonanz.
Die Seele zieht es in ein Umfeld, das ihrem eigenen Zustand entspricht.
Ist zum Beispiel jemand der Gewalt verfallen, so kommt er in einem
gewalttätigen Umfeld zur Welt.
Ob er da Opfer oder Täter ist, wird aber nicht festgelegt.
Vielmehr wird sozusagen der erstbeste freie Platz belegt.
Außerdem wird nur der Zustand des Umfelds zum Zeitpunkt der Inkarnation
berücksichtigt.
Und da kann sich innerhalb von kurzer Zeit ganz gewaltig was ändern,
so dass kaum ein erwachsener Mensch in einer Umgebung lebt, die tatsächlich
seiner ursprünglichen Resonanz entspricht.
Daneben gibt es noch andere Faktoren, wie die Bindung an eine Landschaft.
Das ganze bedeutet auch nicht, dass man dort landet, wo man es sich
wünscht, denn das, was man sich wünscht, hat häufig wenig mit dem
wirklichen Zustand der Seele zu tun !"
"Na, da könnte
man ja gleich würfeln."
"Nicht ganz,
aber fast !
Letztlich ist es sowieso egal, wo man inkarniert.
Denn so lange man im Materiellen verhaftet ist, kann man eh kein dauerhaftes
Glück finden oder auf lange Sicht Leiden vermeiden.
Stell dir vor, du würdest auf einmal sterben.
Wo würde es dich dann hinziehen?
Wenn du dich mit der Frage beschäftigst, und dabei ehrlich zu dir
selbst bist, bekommst du vielleicht ein Gespür dafür, wie das ganze
funktioniert.
Erklären kann man das wirklich sehr schlecht."
Das musste ich
jetzt erst mal alles verdauen !
Bisher fand ich die Idee von der Reinkarnation immer vollkommen schwachsinnig,
weil sie nie schlüssig erklären konnte, was das ganze eigentlich soll,
und ich statt dessen immer wahnsinnig schlaue Anleitung zur Erlösung
präsentiert bekommen hatte.
Es wurde immer
viel gefaselt von wegen Versündigung oder ähnlichem Mumpitz und die
Seele müsse sich reinigen oder sich sonst irgendwie wieder zu Gott
bekehren.
Nie hatte mir jemand erklärt, warum Gott denn Seelen schafft, die
sich versündigen oder sich von ihm abwenden.
Doch jetzt, wo
ich wusste, dass Gott die Seele gar nicht erschafft, sondern diese
nur ein selbstständig gewordener Bewusstseinsimpuls ist, machte das
Ganze auf einmal Sinn !
Einen Haken hatte die Sache aber noch.
"Sag mal, was
passiert jetzt eigentlich, wenn alle Seelen ihren endgültigen Zustand
erreicht haben ?"
"Tja, darauf
kann ich dir zwei Antworten geben !
Entweder
'Das passiert
nicht !'
oder
'Das ist schon
längst passiert !'
Such dir eine Antwort aus !"
"Was soll das
denn jetzt schon wieder?
Es kann doch nur eine von beiden richtig sein."
Gott schüttelte
den Kopf.
"Nein, nein
!!!
Das Problem ist dein Verständnis von Zeit !
In der spirituellen Welt gibt es aber keine Zeit !
Schau mal, ich male es dir auf !"
Und als er das
sagte, stand auf einmal eine große Tafel vor uns.
Gott stellte sich auf das Sofa, fummelte ein Stück Kreide aus der
Hosentasche und malte einen Kreis auf die Tafel.
"Das ist die
spirituelle Welt.
Symbolisch natürlich nur.
In Wirklichkeit ist sie unbegrenzt.
Und das hier -"
er malte ein paar
kleine Kreise in den großen Kreis
"sind verschiedene
materielle Universen, in denen die Seelenentwicklung stattfindet.
Sie werden durch das Wirken der Bewusstseinsenergie hervorgebracht
und vergehen wieder.
Allerdings nur aus ihrer eigenen Sicht.
Das bedeutet, dass ein Beobachter, der sich darin befindet, einen
Anfang und ein Ende des Universums feststellen kann.
Eine Seele kann den ersten Teil ihrer Entwicklung in einem Universum
hinter sich bringen und, nachdem es endet, den zweiten Teil in einem
anderen, das aus ihrer Sicht nach dem ersten entstanden ist.
So !
Für eine zweite Seele kann das aber genau andersherum sein.
Denn die Zeit existiert nur innerhalb der Universen und innerhalb
der Wahrnehmung der materie- gebundenen Seelen.
Aus meiner Sicht existiert alles gleichzeitig, wobei 'gleichzeitig'
ein schlechter Begriff ist, weil dort auch der Zeitbegriff drin vorkommt.
Also, es gibt unendlich viele Universen und unendlich viele Seelen,
die alle gleichzeitig existieren, aber zu unendlich vielen Zeitpunkten
innerhalb aller Universen inkarnieren.
Daher gibt es aus zeitlicher Sicht weder einen Anfang noch ein Ende
aller Seelenentwicklungen, weil diese zu allen Zeiten stattfinden.
Aus spiritueller Sicht gibt es auch keinen Anfang und kein Ende, da
es keine Zeit gibt.
Aus dieser Sicht gibt es nur ein geschlossenes Ganzes, nur das Sein
an sich und keinen linearen Ablauf der Dinge.
Und deswegen hat der gesamte Entwicklungsprozess kein Ende und ist
gleichzeitig schon beendet.
Nur deine eigene Entwicklung hat ein Anfang und ein Ende, nämlich
in deiner Wahrnehmung.
Und wenn du am Ende angekommen bist, wirst du das alles viel besser
verstehen als jetzt !"
"Moment mal !!!
Wenn alles gleichzeitig existiert, dann müssen auch alle meine Entwicklungsstufen
existieren, auch die endgültige.
Wieso nehme ich aber diese, in der ich gerade mit dir rede, wahr ???"
"Gut erkannt
!!!
Genau deswegen ist es falsch zu sagen, alle Seelen würden gleichzeitig
existieren, da sie ja in Wirklichkeit zeitlos sind.
Für dich, der du in der Zeit verhaftet bist, gibt es die endgültige
Entwicklungsstufe noch nicht.
Aber für mich, der zeitlos ist, gibt es alle deine Stufen !"
"Hmmm. Dann ist
also alles vorherbestimmt?"
"Nein, nein,
niemand bestimmt hier irgendwas vorher.
Die Dinge ergeben sich. Schau mal."
Gott malte eine
Punkt auf die Tafel
"Dies ist ein
Punkt in der Zeit.
Und dies hier symbolisiert die verschiedenen Ereignisse die nach diesem
Zeitpunkt geschehen."
Er malte eine
Linie mit vielen Kurven.
"Wie du siehst,
kann ich die Linie zeichnen, wie ich will, es ist nicht vorherbestimmt,
wie sie verläuft.
Und hier haben wir jetzt einen zweiten Zeitpunkt."
Er malte einen
Punkt an das Ende der Linie.
"Wir beide
stehen jetzt außerhalb der Linie, die die Zeit symbolisiert, daher
haben wir einen Gesamtüberblick.
Jeder Punkt auf der Linie existiert für uns und wir können ihn gezielt
aufsuchen.
Diesen hier zum Beispiel !"
Er malte noch
einen Punkt in der Mitte der Linie.
"Aber für denjenigen
der innerhalb der Linie, innerhalb der Zeit steht, existieren nicht
alle Punkte.
Dieser ist in der selben Situation, wie ich vorhin, als ich die Linie
gezeichnet habe.
Es existieren dann nur die Punkte die schon gezeichnet sind, und es
ist nicht vorherbestimmt, wo die späteren Punkte liegen.
Wie die Linie dann letztlich aussieht, das ergibt sich irgendwie.
Wer innerhalb der Zeit ist, der folgt nicht einfach nur der Linie,
sondern er formt sie auch.
Wer außerhalb der Zeit ist, für den sind alle Punkte der Linie vorhanden.
Und dennoch ist nichts vorherbestimmt !"
"Das ist doch
paradox !!!"
"Ja, das ist
es. Aus DEINER zeitlichen Sicht !"
"Aha !
Aber es gibt doch Gesetze, auf deren Grundlage man vorhersagen kann,
was geschehen wird."
"Sicher gibt
es die !
Aber die funktionieren nur in einem engen zeitlichen Rahmen.
Die Welt läuft ja nicht mechanisch ab, wie ein Uhrwerk, sondern ihr
liegt die schöpferische Bewusstseinsenergie zu Grunde.
Und da gibt es Vorgänge, die durch strenge Ursache-und-Wirkung Konzepte
nicht erfasst werden können, die sozusagen spontan ablaufen.
Und daher kann man auf der Grundlage von Naturgesetzten keine Vorhersage
für die Ewigkeit machen. Schau dir noch mal die Linie an.
Wie du siehst, gibt es keine Lücken und auch keine Sprungstellen.
Die Punkte liegen dicht aneinander, und daher kann man in etwa vorhersagen,
wo der nächste Punkt gezeichnet werden wird.
Doch je weiter man versucht, vorauszudenken, desto ungenauer wird
die Vorhersage.
Wenn ich am Startpunkt bin, weiß ich also ziemlich genau, wo der nächste
Punkt sein wird, aber über den Endpunkt dort hinten kann ich gar nichts
sagen."
"Ach so ! Aber
du weißt natürlich, wie sich alle Dinge letztlich ergeben, was?"
Er grinste ...
"Klaro. Ich
stehe ja auch außerhalb der Zeit."
Ich seufzte.
Dann dachte ich
eine Weile nach, während Gott, der sich anscheinend langweilte, auf
der Tafel herummalte, was ihm einen Heidenspaß zu machen schien.
Ich versuchte,
meine Gedanken in Worte zu fassen.
"Also, ich habe
jetzt verstanden, dass mein Dasein keinen Zweck erfüllt, sondern dass
ich nur ein Teil des ewigen Seins bin, der ein gefestigtes Selbst
entwickelt, wobei man nichts falsch machen kann, sondern auf jeden
Fall erfolgreich ist.
Und spätestens, wenn ich damit fertig bin, erkenne ich den ganzen
Vorgang als sinnvoll an, womit der das dann auch tatsächlich ist.
Außerdem gibt es keine göttliche Moral, weder Gut noch Böse und auch
keine Schuld.
Hmmm. Da frage
ich mich, wieso sämtliche Religionen und Mythen voll sind vom epischen
Kampf Gut gegen Böse, und wieso es Leute gibt, die angeblich mit geistigen
Wesen in Verbindung stehen oder Gotteserfahrungen haben, und denen
eben solche moralischen Werte als absolut richtig eingetrichtert werden.
Ist das alles Spinnerei, oder wie ???"
"Häh, was ???"
Gott starrte ganz
fasziniert auf sein Geschmiere auf der Tafel, dann entschied er wohl,
dass das nicht so wichtig war und ging auf meine Frage ein.
"Ach ja, Gut
und Böse und Religion und der ganze Quatsch !
Das hat was mit dem Aufbau der Seele und ihrer Entwicklung zu tun.
Ich male es dir auf."
Während er die
Tafel sauber wischte, belehrte er mich.
"Das ist jetzt
natürlich alles sehr symbolisch zu verstehen. Also, fangen wir mal
an."
Er malte einen
großen Kreis.
In den Kreis malte er ein gleichmäßiges Kreuz, dessen Enden links,
rechts, oben und unten den Kreis berührten.
Um den Mittelpunkt des Kreuzes malte er einen kleinen Kreis.
"So !
Außerhalb des großen Kreises befindet sich die unbegrenzte spirituelle
Welt, innerhalb des großen Kreises befinden sich die verschiedenen
begrenzten materiellen Welten.
Der kleine Kreis stellt deine Welt dar, in der die Regeln der Materie
am starrsten sind, weshalb sie dort den meisten Schutz bietet.
Es ist die Welt in der die Entwicklung der Seele beginnt.
Das Kreuz symbolisiert die vier Hauptwege der Seelenentwicklung.
In der Religion geht es nun ganz allgemein erst mal darum, die Materie
zu überwinden, also den kleinen Kreis zu verlassen und in höhere Welten
aufzusteigen, in denen der Geist mehr Freiheiten hat.
Wie schafft eine Seele das also ?
Du erinnerst dich sicher, dass die Seele sich nur deswegen mit der
Materie verbindet, um Festigkeit zu erlangen.
Will man die Materie hinter sich lassen, so muss also die Seele in
sich selbst gefestigt werden, was auf vier Arten geschehen kann.
Um das zu verstehen, muß man wissen, dass die Welt und die Seele polar
aufgebaut sind.
Dies hier sind die beiden Pole, die aus dem spirituellen auf die Welt
und die Seele einwirken."
An das linke Ende
des Kreuzes malte er einen großen schwarzen Punkt und an das rechte
Ende einen großen weißen Punkt.
"Dies sind
die beiden gegensätzlichen Prinzipien, die alle Bewegungen, sowohl
im materiellen als auch im seelischen hervorrufen.
Da es uns hier um die Seele geht, nennen wir sie einfach mal Böse,
das ist der schwarze Punkt, und Gut, das ist der weiße Punkt.
Nur wegen des symbolischen Inhalts natürlich !
Man könnte sagen, dass es sich dabei um energetische Aspekte von mir
handelt."
An das obere Ende
des Kreuzes malte er jetzt ein Ying-Yang Symbol.
"Und das hier,
das bin ich !
Genauer gesagt ist, dies meine Persönlichkeit.
Mein Wesen umfasst alle Dinge, so dass sich meine Persönlichkeit im
absoluten Gleichgewicht befindet. Sie ist die Synthese von Gut und
Böse, von sämtlichen Gegensätzen.
Und hier unten -"
er malte einen
leeren Kreis an das untere Ende des Kreuzes
"befindet sich
das absolute Nichts, in dem es weder Gut noch Böse noch sonst irgendwelche
Gesetze oder Prinzipien gibt.
Noch nicht mal das Prinzip von Sein und Nichtsein ist dort vorhanden.
Und auch dieses Nichts ist ein Teil von mir !
Gut !
Deine Seele ist, wie jede andere, polar aufgebaut, da sie ein Teil
des Ganzen ist.
Es ist darin also ein kleines bisschen Weiß und ein kleines bisschen
Schwarz, wobei sich beide Teile von ihren Entsprechungen in der spirituellen
Welt angezogen fühlen.
Und, im Gegensatz zu mir, bist du nicht im Gleichgewicht, mal dominiert
der weiße Teil und mal der Schwarze.
Dies führt dazu, dass du ständig von den beiden Polen angezogen und
wieder abgestoßen wirst, deren Energien quasi auf dem horizontalen
Balken des Kreuzes in die Welt einströmen, sich in der Mitte treffen
und dort verwirbeln.
Dominiert in dir das Schwarze, so wirst du also nach links gezogen,
dominiert das Weiße, nach rechts. Befindest du dich im Gleichgewicht,
so wirst du vom energetischen Wirbel nach oben getragen, zu mir, verlieren
deine Pole an Intensität, so fällst du nach unten, ins Nichts.
Da deine Seele ungefestigt ist, pendelt sie ständig unter den Einflüssen
der Welt zwischen diesen vier Zuständen, weshalb es dir nicht möglich
ist, den inneren Kreis der dichtesten Materie zu verlassen.
Der Trick, in höhere Welten aufzusteigen, liegt also darin, sich gegen
die widersprüchlichen Einflüsse der Welt auf einen der vier Wege zu
konzentrieren.
Am leichtesten ist dabei die Konzentration nach rechts oder links,
weil dabei einfach nur ein Aspekt des Daseins ausgeblendet und der
andere verstärkt wird.
In den menschlichen Religionen dominiert dabei häufig der rechte Weg,
sozusagen der Gute.
Dabei werden Tugenden wie Nächstenliebe, Selbstlosigkeiten, Ehrenhaftigkeit
und ähnliches hochgehalten."
Er runzelte die
Stirn
"Euch Säugetiere
sprechen diese Dinge wohl eher an, als die entsprechenden Gegentugenden
Eigenliebe, Selbstsüchtigkeit und Verschlagenheit.
Nun denn, um also den weißen Weg zu gehen, muss der schwarze Anteil
in der Seele dem weißen gegenüber verringert werden, da dann ein gerichteter
Sog zum Prinzip des Guten entsteht.
Und je kleiner der schwarze Anteil ist, desto weiter kommt man auf
diesem Weg.
Die Seele festigt sich also im Guten, womit sie sich in höheren Welten
geringerer materieller Verdichtung halten kann.
Das gleiche funktioniert natürlich auch in die andere Richtung.
Nun gibt es auf den Wegen von Gut und Böse jeweils eine mächtigste
Seele, die in unmittelbarer Nähe des jeweiligen spirituellen Pols
sitzt.
Weil sie beide kein mächtigeres Wesen über sich haben, halten sich
beide für Gott.
Und beide glauben, sie müssten den verwirrten Seelen den richtigen
Weg zeigen.
Ihren Weg !
Der jeweils Andere wird dabei als der Böse angesehen, der Korruptor,
der die Seelen vom wahren Weg der Erlösung abbringt.
Daher entsteht zwischen diesen beiden Göttern, denn Götter sind sie
aus deiner Sicht, ein Kampf um die Seelen, bei dem die geringeren
Seelen, die sich auf den jeweiligen Wegen befinden, mithelfen."
"Aha, und diese
Götter sind es dann auch, die eine bestimmte Moral vertreten, die
sie für absolut richtig halten, nicht wahr ?"
"Ja, genau
so ist das !"
"Merken die denn
nicht, dass du der echte Gott bist ?"
"Sie können
mich nicht erkennen.
Der Gute hält sich selbst für die Verkörperung des Guten, auch wenn
er ständig versucht noch besser zu werden.
Und die Ursache für das Böse sieht er im Wirken seines Gegenspielers.
Und der Böse sieht das aus seiner Sicht genauso.
Für mich ist da kein Platz mehr !"
"Wundern die sich
nicht darüber, dass sie überhaupt einen Gegenspieler haben ?
Oder darüber, dasss die Seelen eben nicht von Natur aus gut sind ?
Wundern sie sich nicht darüber, dass sie selbst diese Seelen nicht
hervorbringen ?"
"Sie haben
sich eingeredet, dass sie diese Seelen hervorbringen.
Und dass sie den Seelen einen freien Willen gegeben haben, der von
einigen missbraucht wird, so dass die sich von ihnen abwenden.
Und sie haben sich eingeredet, dass es sich beim jeweils anderen auch
um so eine gefallene Seele handelt."
"Die reden sich
aber ziemlich viel ein.
Sollten so hochstehende Wesen nicht ein bisschen realistischer sein?"
"Aus ihrer
Sicht ist das sehr realistisch !
Du darfst nicht vergessen, dass sie einen langen Weg der Entwicklung
hinter sich haben, auf dem sie bestimmte Aspekte der Welt und von
sich selbst einfach ausgeblendet haben, weswegen sie sich auch nicht
mehr an ihre früheren, weniger einseitigen Daseinsformen erinnern
können.
Je weiter man auf dem Weg nach rechts oder links fortschreitet, desto
einseitiger wird die Orientierung, da auch alle Wesen, die man dort
trifft eine vergleichbare Einstellung haben.
Man wird dann gewissermaßen verblendet, und diese Verblendung ist
die Voraussetzung dafür, dass man sich dort überhaupt halten kann.
Sobald man gegensätzliche Handlungen vollbringt oder auch nur solche
Gedanken hat, wird man vom Pol, den man eigentlich erreichen will,
abgestoßen und vom Gegensätzlichen angezogen, bis man wieder hier,
im innersten Kreis der dichtesten Materie landet, wo sämtliche Ausrichtungen
nebeneinander existieren können."
"Aha !
Das ist ist dann also der berühmte Seelensturz und der Grund, warum
in Religionen so gerne von Versündigung gefaselt wird, richtig ?"
"Ganz richtig
!!!"
"Wie kann man
denn den Seelensturz verhindern?"
"Gar nicht
!
Zumindest nicht auf den Wegen nach rechts, links oder unten.
Hast du vergessen, dass die Seele polar aufgebaut ist ?
Keiner dieser Pole lässt sich entfernen oder auf Dauer verdrängen.
Irgendwann fordert er sein Recht.
Auch die Götter des Guten und Bösen werden irgendwann zurückstürzen,
sobald ihre unterdrückten Aspekte durchbrechen.
Aber dann ist sofort ein Nachfolger zur Stelle."
"Ist das der Grund,
warum du sie nicht von ihrem Irrtum unterrichtest ?"
"Ja, unter
anderem !
Außerdem mische ich mich niemals ein in die Entwicklung der Seelen.
Ich bin schließlich neutral. Deswegen offenbare ich mich auch nicht.
Und weil das eh nichts bringen würde.
Entweder man würde meine Offenbarung vergessen oder mit der Zeit so
umschreiben, dass sie besser in das ethische Konzept der entsprechenden
Spezies passt.
Also lass ich das bleiben."
"Also, wann immer
irgendwo irgendwelche Wahrheiten von einem angeblichen Gott verbreitet
werden, dann stammen die auf keinen Fall von dir ???"
"So ist das
!!!"
"Hmmm. Machst
du eigentlich überhaupt irgendwas?"
Er lachte.
"Natürlich
!
Da ich die Summe aller Lebewesen bin, handele ich immer, wenn ein
Lebewesen handelt.
Da ich die Summe aller Naturgesetze und Prinzipien bin, wirke ich
durch das Wirken dieser Gesetze und Prinzipien.
Doch meine Persönlichkeit handelt nicht, da sie sich im absoluten
Gleichgewicht befindet, und somit keinen Grund zum Handeln sieht."
"Aber du redest
doch gerade mit mir !"
Er lachte noch
mal.
"Das ist hier
ja auch nur eine Geschichte, die sich irgend so ein Schweinchen Schlau
aus den Fingern saugt."
"Ooops, hatte
ich vergessen."
Ich dachte ein
bisschen nach.
"Sind die Wege
nach links und rechts tatsächlich gleichwertig ?
Ich meine, ist Liebe nicht besser als Hass?"
"Hass ist nur
unangenehm, wenn man ihm nicht nachgehen kann.
Außerdem ist der Weg des Schattens nicht der Weg des reinen Hasses.
Es gibt auch dort Zusammenarbeit, solange sie für alle Beteiligten
nützlich ist.
Hass ist dort ein willkommener Freund, etwas, dass dir die Energie
gibt, deine Ziele zu ereichen.
Ein guter Hasser ist dort hoch angesehen.
Hass verleiht dir dort Macht und Stärke.
Und Liebe, Liebe ist nur angenehm, wenn sie auch erwidert wird.
Der Liebende braucht ein Objekt seiner Liebe, und derjenige der geliebt
wird, braucht jemanden, der ihn liebt.
Und beide werden von der Liebe abhängig, genau so, wie der Hassende
vom Hass abhängig wird, ohne den er seinen Halt verliert.
Daran kann man auch erkennen, dass die Wege nach rechts und links
Sackgassen sind, denn sie führen nicht dazu, dass man zufrieden in
sich selbst ruht, unberührt von äußeren Dingen.
Auch die Götter dort sind abhängig von den anderen Seelen, denn ohne
die Seelen hätten sie nichts, worauf sie ihr Bewusstsein richten könnten.
Sie wären dann alleine mit sich selbst, und den Zustand könnten sie
nicht ertragen, da sie nicht im Gleichgewicht sind.
Deswegen kämpfen sie so verbissen um die Seelen und auch dieser Kampf
gibt ihnen Halt."
"Also sollte man
sich besser nicht auf die Seite von Gut oder Böse stellen ?"
Gott schüttelte
mit dem Kopf.
"Du sollst
überhaupt nichts !
Und du wirst dich abwechselnd auf beide Seiten stellen.
Das Erfahren der Polarität gehört mit dazu, auf dem Weg zum absoluten
Ziel.
Erst derjenige, der erfahren hat, dass Gut und Böse Sackgassen sind,
wird den Weg nach unten oder oben einschlagen.
Und jede Seele geht alle vier Wege viele Male, doch nur der nach oben
führt zum endgültigen Ziel."
"Na, toll. Und
wie ist das nun mit den Wegen nach oben und unten?
Ich denke, unten ist das Nichts. Wer will da schon hin ?"
"Dort will
der hin, der erkannt hat, dass Gut und Böse nur Illusionen sind, dass
es zwar gegensätzlich Konzepte gibt, deren Wertung aber willkürlich
ist und nur von der momentanen Ausrichtung der Seele abhängt.
Er hat es satt, einen ewigen Kampf um Werte zu führen, die ihm allesamt
blödsinnig erscheinen.
Also wird er neutral.
Auf eine negative Weise, dadurch dass er beide Pole seiner Seele schwächt.
Man könnte sagen, dass er emotionslos wird.
Wer den Weg nach unten geht, den berühren die Dinge der Welt nicht
mehr, weil sie keine Resonanz mehr in seiner Seele finden.
Und weil die Dinge ihn nicht berühren, kann er die Welt der dichtesten
Materie verlassen, seine Emotionslosigkeit verleiht ihm die notwendige
Festigkeit.
Er wird frei von Trieben und Verlangen, er befindet sich auf dem Weg
der reinen Logik und, darüber hinaus, auf dem Weg in Regionen, wo
es noch nicht einmal mehr Logik gibt, er sucht das Nichts, will selber
im Nichts aufgehen, seine Seele zum Erlöschen bringen, den angenehmen
Zustand der eigenen Nicht-Existenz erfahren.
Aber die Seele kann nicht verlöschen.
Die beiden Pole der Seele können zwar unendlich klein werden, aber
niemals verschwinden.
Und irgendwann erstarken sie wieder, und die Seele steigt wieder auf,
aus dem Abgrund der Nichtigkeit hinauf in den chaotischen Wirbel des
Seins."
"Und ich nehme
mal an, da unten gibt es keine Götter, die sich wichtig machen, weil
denen eh alles egal ist, was ?"
"Ja, so ist
das !
Und im Gegensatz zu den polaren Göttern können diese Seelen auch in
sich selber ruhen, denn sie befinden sich im Gleichgewicht.
Ihr Fehler ist nur, dass sie das Sein negieren, doch weil das Sein
nun mal da ist, kann dieser Versuch auf Dauer nicht von Erfolg gekrönt
sein.
Solange das klappt ist das natürlich eine feine Sache.
Vielleicht sogar noch besser als die Ekstase von Macht oder Liebe,
die man auf den polaren Wegen erfährt."
"Tja, dann bleibt
ja wohl nur noch der Weg nach oben.
Aber wo ist da jetzt eigentlich der Unterschied zu dem nach unten?
Da ist man doch auch neutral."
Gott nickte.
"Ja, aber
auf eine positive Weise.
Man erlangt die Neutralität nicht dadurch, dass man seine Pole schwächt,
sondern ausbalanciert, indem man dafür sorgt, dass beide gleich stark
sind, wodurch man nicht irgendwelchen Extremen verfällt.
Gleichzeitig wachsen die Pole, könnte man sagen.
Man nimmt immer mehr gegensätzliche Aspekte der Welt in sich auf und
führt sie zur Synthese.
Auf dem Weg nach unten negiert man das Sein.
Auf dem Weg nach oben erfährt man es, wodurch man es durchschaut.
Man wird nicht emotionslos, sondern kontrolliert emotional.
Man kann dann nach belieben Ereignisse als Gut oder Schlecht werten,
da man beide Sichtweisen in sich vereint.
Die Neutralität kommt also nicht dadurch zustande, dass man Wertungen
ablehnt, sondern dadurch, dass man alle Wertungen überlagert, wodurch
man alle als gleichermaßen richtig und falsch erkennt.
Dieser Weg ist natürlich sehr schwierig, allzu leicht ergreift man
dann doch Partei und verliert das Gleichgewicht und damit seinen Halt.
Nur die erfahrensten Seelen schaffen es weit auf diesem Weg und auch
diese sind vor Rückschlägen nicht gefeit.
Doch nur dieser Weg führt zur absoluten Erkenntnis, zum absoluten
Bewusstsein, zum absoluten Sinn.
Denn es ist der einzige Weg, der die Synthese des Ganzen betreibt,
der einzige, der sich nicht bloß auf Teilaspekte beschränkt, oder
gar das Sein negiert.
Es ist der einzige Weg, der zurück in die spirituelle Welt führt,
der eigentlichen Heimat der Seele.
Alle anderen Wege bleiben im Materiellen verhaftet, auch wenn sie
in Regionen führen, in denen dem Geist weniger restriktive Fesseln
auferlegt sind, als in deiner Welt.
Denn nur, wer das Sein als ganzes in sich aufnimmt und durchschaut
erlangt die nötige Festigkeit um frei in der spirituellen Welt als
absolut bewusster Teil des Ganzen zu existieren, um ohne schützende
und beschränkende materielle Hülle zufrieden in sich selbst zu ruhen,
und sich dabei aller Dinge bewusst zu sein, ohne dass sie ihn berühren,
da sie ihn auf jede mögliche Art berühren können.
Dann hat man das absolute Ziel erreicht und erfährt die Existenz als
absolut sinnvoll.
Noch Fragen ?"
Das kam jetzt
etwas überraschend.
"Ääh, ja,
das hört sich ja alles ganz toll an, aber was habe ich jetzt eigentlich
konkret davon, dass du mir das alles erzählst ?
Wo du mir doch keine Verhaltensrichtlinien gibst, wo ich doch jetzt
immer noch nichts anderes machen kann, als mich mehr schlecht als
recht durchs Leben zu stümpern und wo ich wohl oder übel sämtliche
Erfahrungen, von denen du da redest noch machen muss ?
Und wo sich an diesem Umstand überhaupt nichts ändern würde, würde
ich das alles gar nicht wissen.
Wenn das, was
du erzählst, stimmt, dann ist es doch vollkommen egal, ob man das
alles weiß oder nicht.
Also, was bringt
mir das Wissen ?"
Gott sah mich
belustigt an.
"Tja, ein angenehmes
warmes Gefühl ums Herz vielleicht ???
Reicht
dir das nicht ?"
So langsam wurde
ich ziemlich misstrauisch !
"Sag, mal bist
du überhaupt Gott, oder doch nur ein Gnom, der sich einen Spaß mit
mir erlaubt ?"
Da lachte er
"Was fragst
du mich ?
Soll ich jetzt 'ja' sagen oder 'nein' ?
Dann weißt du es doch immer noch nicht !"
Ich fluchte.
"Also, ich habe
keine Ahnung, ob du Gott bist, oder nicht, und daher habe ich keinen
blassen Schimmer, ob das alles stimmt, was du mir erzählt hast.
Und selbst, wenn das alles stimmt, bringt mir das überhaupt nix.
Ja, warum hast du mir das denn dann alles erzählt, wenn ich fragen
darf?"
Gott grinste mich
an und zuckte mit den Schultern.
"Nur
so."
Dann machte es
'Puff' und er verschwand, mitsamt der zugemalten Tafel.
Kurz darauf machte
es noch mal 'Puff', und auch das Sofa verschwand, worauf hin ich unsanft
im Matsch landete.
Und während ich
da so im Dreck saß und noch mal über das Gefasel des kauzigen kleinen
Gnoms nachdachte, musste ich auf einmal lachen.
Denn seine letzten
beiden Worte hatten den gesamten Inhalt unseres Gesprächs treffend
zusammengefasst und so langsam begann ich zu begreifen, soweit dies
meinem primitiven Hirn möglich war, was der Sinn des ganzen war und
warum die Welt eigentlich existierte.
Nur
so.
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